Freitag, 18. September 2015

Dem Buckelapotheker auf der Spur - Herschdorf, Stempelstelle 19 (Teil 2) Ein Geheimtipp für Liebhaber

Historisches Bild der alten Brauerei

Ich kam zur Brauereiruine, ein mächtiges Bauwerk und staunte. Was war wohl damals mit den Brauern geschehen? Wie lange steht es schon leer? Vor der Kirche gab es einen Gedenkplatz. Der große Grabstein an diesem Platz gehörte einer Familie Schmiedeknecht.  Sie waren über mehrere Generationen die Brauer im Ort gewesen. Sie schienen wichtig für diesen kleinen Ort gewesen zu sein. Jetzt war ich erst recht neugierig geworden.

Der Gedenkstein der Schmiedeknechts vor der Kirche.
Auf jeder Seite ist eine Generation zu finden.


Im Ort - der Wegbeschilderung auf der Spur - durch die verschieferten Häuserzeilen gehend, fiel ein Haus mit seiner hellen Variante der Verschieferung auf. Nebenbei zeugte ein gelbes Schild über dem Vorbau davon, dass es dort ein Wirtshaus geben musste. Der gleiche Name, der auf dem Grabstein stand, war zu lesen. Die Schmiedeknechts gab es also noch! Vor Ort sah ich dann das Hinweisschild: "Bierverkauf im Innenhof der Brauerei"

Gaststätte Schmiedeknecht, Bierverkauf im Hinterhof

Der Bierkauf ab Brauerei ist  Montag-Freitag bis 18.00 Uhr und Samstag bis 12.00 Uhr, Besichtigungen sind nur nach telefonischer Absprache möglich. Na, das war das geringste Problem. Als ich anrief, teilte mir Braumeister Christian Bruses Mutter mit, dass ich sehr gerne kommen dürfe und ihr Sohn dann auch anwesend wäre und mir die Brauerei zeigen könne.

Dort angekommen wurde ich sehr offen und freundlich Willkommen geheißen. Ich ging nach hinten in den Biergarten und sah sie ... Thüringens kleinste Brauerei!


Herr Bruse erzählte von der bewegten und packenden Geschichte seiner Vorfahren und damit auch der Brauerei. Etwas fiel mir dabei auf ... Der Dialekt! Heimatliche Klänge? Ich möchte die Geschichte nun nicht komplett wieder geben, denn Herrn Bruses Ehefrau hat eine solch schmucke und lesenswerte Homepage eingerichtet, dass ich einfach zu viel vorweg nehmen würde. Wo sieht man schon die Geschichte einer Brauerei so liebenswert dargestellt?
Brauereibesitzer Christian Bruse und ich

Das Gebäude in dem ich mich gerade befand (in DDR-Zeiten als "Herrschdorfer Kulturhaus" genutzt) war das Familienstammhaus Schmiedeknechts, unter dessen Dach sich auch die Familienbrauerei befand. Das Bier wurde dann ins Tal, in die Felsenkeller gekarrt, damit es kühl blieb. Deshalb haben sich die Schmiedeknechts später dazu entschlossen, gleich neben den Felsenkellern eine Brauerei zu errichten. Die imposante Brauereiruine, die sich von Willmersdorf kommend, kurz vor Herschdorf im Tal mitten im Wald befindet.

Mich beeindruckte vor allem, wie Herr Bruse voller Herzblut seine Ahnen beschrieb, was ihnen wichtig war und wie es weiter ging, als seine Großeltern mit dem Mauerbau ihren Heimatort Herschdorf verließen.

Die eindrucksvolle Brauereiruine im Rößtal bei Herschdorf

Sein Großvater wurde Diplom-Braumeister und  in Kulmbach Geschäftsführer einer großen Brauerei. Das erklärte den heimischen Klang, den ich in seinen Erzählungen heraushören konnte. Kulmbach ist unser Nachbarlandkreis und erfreut teilte ich ihm mit, dass sein Großvater ganz in unserer Nähe gelebt hat. Für Herrn Bruse war dadurch meine Heimat auch kein unbekannter Fleck. Noch mehr Schnittstellen fanden sich und so war die Unterhaltung äußerst kurzweilig.

Fasziniert von seinem Großvater widmete auch er sich der Brauereizunft.
Zuerst lernte er in Bamberg das alte Handwerk. Die Bamberger Region, bekannt für ihre Vielzahl an kleinen Familienbrauereien und schmackhaften Bieren, zog ihn an, um sein Können zu vertiefen und sein Handwerk zu verfeinern zu können. So arbeitete er dort in verschiedenen großen und kleinen Brauereien. Gut gerüstet ging er nach München und machte seinen Braumeister. Bamberg hatte bleibende Spuren hinterlassen und so war er später in Bamberg (da wohnte ich auch mal) ein Jahrzehnt als Braumeister in einer Familienbrauerei tätig.



1986 wurde zum letzten Mal Bier in Herschdorf (bzw. unten im Rößtal) gebraut. 25 Jahre später baute Herr Bruse die Brauerei neu auf. Nicht die alte imposante, aber leider verfallene, im Tal. Im Nebengebäude des Familienhauses seiner Vorfahren, dort wo alles begann, nahm er die Fäden der Brauerei-Vergangenheit auf und begann als würdiger Nachfahre an sein Erbe anzuknüpfen und es zu prägen. In diesem Nebengebäude braute er auf beengtem Raum Bier und so gab es 2007 zum ersten Mal wieder selbstgebrautes Herschdorfer Bier zu kaufen. Perlend süffiges, flüssiges Gold! Ein bisher versteckter Schatz.

Von links nach rechts:
 naturtrübes Pils, dunkles Lagerbier, Jubiläumsbier, helles Bockbier


Die Achtung seiner Vorfahren erkennt man übrigens auch an den liebevollen Details der Etiketten. Sie beziehen sich auf die Vorfahren und lassen so dem Biergenießer einen kleinen Einblick auf den Familienbetrieb gewinnen. Bis 2009 pendelte der Braumeister zwischen Bamberg und Herschdorf hin und her. Dann entschied er sich, nach Herschdorf zu ziehen, sanierte komplett das  Familienstammhaus und richtete ein gemütliches Gasthaus ein.



Das jetzige Gasthaus war früher übrigens die Mälzerei. In den gemütlichen Räumen finden 50 Personen Platz. Einladend und freundlich wie die Inhaber, so wirkt die gesamte Gaststätte. Gebraut werden in der eigenen Familienbrauerei vier verschiedene, schmackhafte Sorten Bier. Zwei könnt ihr hier auf den Bildern im Glas bewundern. Das dritte Bier (dunkles Lagerbier) goss man(n) in einen Steinkrug und beim vierten Bier (naturtrübes Pils) war ich nicht schnell genug. Das süffige Bier landete zu schnell in durstigen Kehlen. Ich würde sagen, einfach vor Ort ausprobieren und sich selber vom leckeren Geschmack überzeugen. Für mich ist es ein echter Geheimtipp und ich werde mit Sicherheit, wenn ich wieder in die Ecke komme, einen Abstecher dorthin machen.



Falls ihr den Olitätenweg geht oder vor habt, in die Gegend zu fahren, schreibt euch die Telefonnummer der Schmiedeknechts auf und gebt dort rechtzeitig Bescheid, dass ihr vorbei kommen wollt. Wandern macht durstig und dort ist eine  rettende Oase!

Helles Bockbier 

Thüringens kleinste Brauerei
Brauerei H.Schmiedeknecht
Geschwister-Scholl-Str.4
98701 Herschdorf/ Thür.
Tel./Reservierung: 036738/42357

www.brauerei-schmiedeknecht.de

Jubiläumsbier

1 Kommentar:

  1. Moin aus der Lüneburger Heide. Ich kann nur bestätigen, was hier berichtet wurde. Ein herzlicher Empfang beim Spontanbesuch und alle Biere lecker. Es lohnt sich, dies auch vor Ort zu probieren und die herrliche Thüringer-Wald-Luft dabei zu inhalieren mit Blick auf den Langen Berg und die ausgedehnten Wälder. Grüße von einem Ur-Ur-Enkel eines Buckeapothekers aus dem Nachbardorf Allersdorf; der Heimat meines Vaters....

    AntwortenLöschen

Vielen Dank, dass ihr eure Gedanken und Meinungen mit mir teilt!