Sonntag, 16. Oktober 2011

Igelbaby gefunden


Das habe ich nun davon...
Letzte Woche fand ich einen kleinen überfahrenen Igel. Er war noch klein, aber relativ gut genährt. Das ist so schade!

In der Küche waren Eier übrig und nachdem ja bei uns nachts immer noch die großen  und kleinen Igel im Garten spazieren gehen, dachte ich mir gestern, ich zeige meiner Großen, wie sie später selber Fundtiere versorgen kann.  Ziel war, das fertige Futter für die Igel im Garten aufzustellen, um jetzt bei den Frostnächten noch ein wenig zuzufüttern.

Irgendwie lieben alle Kinder solche Kochversuche. Meine Große schlug die Eier auf, verquirlte sie mit Wasser und rührte fleißig ihr Rührei ohne Gewürz in der Pfanne. Währenddessen wurde ich permanent gelöchert: Warum darf der Igel keine Milch bekommen? (Er verträgt die Lactose nicht) Warum darf man sein Futter nicht würzen? (Gewürze greifen den Magen an) Warum darf ich heute kein Öl in die Pfanne geben? (Ich könnte draußen nicht kontrollieren, wie der Igel darauf reagiert) Warum dürfen wir ihn nicht behalten? (Wildtiere sind geschützt und dürfen nur im Notfall aufgenommen werden) Bildhaft gesehen bin ich zum Sieb mutiert.
Wir haben eine Getreidequetsche, da frisch gequetschte Getreideflocken  alle Mineralstoffe beinhalten und gekaufte Haferflocken diese schnell verlieren. Meine Kinder flockten also Getreide, hoben es unter und ein wenig Katzentrockenfutter wurde noch beigelegt. Dann gingen wir zu unserer "Igelburg" und stellten die Schüssel dort ab. Am anderen Tag wollten wir nachschauen, ob etwas gefressen wurde. Ob das eine Vorahnung war?

Kaum wieder im Haus rief allerdings meine Mam nach mir. Sie hatte einen kleinen Igel gefunden, der wach auf der Seite lag. Ich schaute ihn mir an. Die Augen waren glänzend und noch "knopfig", aber er war übervoll mit Flöhen. Ein Gekrabbel vor allem im Gesicht. Ich hob ihn hoch und betrachtete ihn näher, derweil mir die Flöhe munter schon mal den Ärmel hoch sprangen. Er hatte eingefallene Flanken und auch hinter dem Kopf sah man an der Einbuchtung, dass er untergewichtig war. Also wurde er gewogen. Er bringt jetzt (nach der ersten Fütterung) 295 g auf die Waage. Eigentlich ganz ok - laut manchen Berichten. Leider haben wir momentan Temperaturen, bei denen die Jungtiere schnell in eine Art Dämmerschlaf fallen. Der Dämmerschlaf ist deshalb gefährlich, weil der Aufwachprozess zu viel Energie kostet und das Futter immer knapper wird.

Igelburg Eingang

Ich brachte ihn zu der Igelburg, da dort frisches Futter stand und meine Große durfte auf ihn aufpassen (und auf Poldi, denn er sollte den Igel nicht stören). Meine Tochter war glücklich, der Kleine fraß gierig in sich hinein. Ich suchte in der Zwischenzeit erst mal einen großen Umzugskarton und Zeitungspapier. Das sollte ein Übergangsquartier sein. Kleine Igel schaffen es bei einer guten körperlichen Verfassung und durch Zufütterung im Garten, selbstständig draußen zu überwintern. Dieser kleine Kobold allerdings muss gegen die Parasiten behandelt werden. Er hat Durchfall und viel zu viel Flöhe - dafür recht wenige Zecken!*freu*

Ich behandelte ihn bisher mit speziellem Flohmittel (ohne Chemie), das für Igel geeignet ist. Man kann auch die Flöhe mit einer Bürste abbürsten, wenn man eine Schüssel mit Wasser und einem Tropfen Spülmittel unter dem Igel stellt. Die Flöhe werden abgebürstet und ertrinken dann im Wasser. Diese aber sprangen auf mich über! Erstaunlich, wie das Gekrabbel sich erst einmal verstärkt. Spot-On Präparate wie Frontline bringen Igel um! Flohpulver sollte man nicht verwenden, da der Staub eingeatmet werden kann. Gesundheitsschädlich wird es, wenn das Pulver vom Körper abrieselt und mit den Pfoten ins Futter gelangt und gefressen wird. Entwurmen kann ich ihn allerdings nur im stabilen Zustand, wenn er weit über 400 g wiegt und munter herum läuft. Ich hoffe, dass am Montag der Tierarzt ihm hilft. Man muss vorher den Kot drei Tage sammeln und überprüfen lassen, da nicht jedes Mittel gegen jeden Wurm hilft und dann eher dem Igel schadet.

Meine Idee war, ihn im Vorraum unseres Hauses frei laufen zu lassen und bis nächste Woche dort unterzubringen. Dort ist es frostfrei, aber nicht warm. 5 m² müssten ihn zumindest räumlich erst einmal reichen. Glücklich ist ein Igel in Gefangenschaft sicherlich nicht, er rennt mit seinen kurzen Beinen in der Nacht 2-3 km weit.
Zu warm wollte ich ihn auch nicht stellen, denn sonst vermehren sich die Innenparasiten zu stark. Eine Wärmflasche wird zur Verfügung gestellt, da kann der Igel selber entscheiden, wo er schlafen möchte.
Nachdem er aber schon draußen an der Futterschüssel einschlief und als die Sonne schwächer wurde, sich entrollte und auf der Seite liegend ungeschützt offen lag, kam er ins Haus. Er bewegte sich kaum noch und die Flöhe spielten Trampolin. Meine Hoffnung ist, dass er sich erst mal erholt und dann möglichst bald wieder in die Freiheit kann. Ich lese immer von magischen 300 g, die Igel benötigen um zu überwintern. Man muss dabei auf die Region achten! Unsere Winter sind lang, mit viel Schnee gesegnet und der Boden mit seinen Bewohnern taut nur langsam auf. 600 -700 g sollten es da schon vor Winterbeginn sein, da Stachelträger 20 - 30% an Gewicht während des Winterschlafes verlieren. Das wären hier ein Verlust von 180 - 210 g. Ein 300 g schwerer Igel würde demnach im Frühling ca. 210 g wiegen und  hätte bei vorzeitigen Erwachen, Spätfrösten und Nahrungsmangel keine Chance. Letztendlich, denke ich, kommt es auch auf den Zustand des Igels an. Um einen kleinen (=relativ) aber putzmunteren Igel würde ich mir weniger Sorgen machen.



Wieder munter wurde Stachelpelz erst abends ab 23.00 Uhr. Ich ließ ihn im Bad laufen und beobachtete sein Verhalten. In die Ecken legte ich Zeitung und promt bekam ich hintereinander mehrere Hinterlassenschaften, die ich leicht entfernen konnte. Doch die Flöhe! Sichtbares, starkes Gewusel. Ein Horror! Kann sich das einer vorstellen? Die Viecher sterben ja nicht sofort und deshalb sprangen sie überall herum. Da hilft jetzt nur, am Montag auch Smoky und Poldi mit zu behandeln und gründliches Putzen.

Reinigungsmittel sind nichts für empfindliche Igelnasen, deshalb kam er heute Morgen erst einmal wieder in den Vorraum. Da konnte er sich frei bewegen, die Temperatur lag durch die Morgensonne schon bei 12°C. Umzugskarton wurde gereinigt. Zeitung raus, Flohmittel gesprüht  und den Karton nach draußen gestellt zum Durchlüften. Wasser frisch gemacht, neues Futter hingestellt. Meine Mam hatte frisches Rinderhack, davon wurde 1 EL in ein wenig Wasser gekocht, ein EL Feuchtfutter kam dazu und ein wenig Dinkelflocken. Alles gut vermischt wurde es vom Igel ratzeputz aufgefressen.
Dann gründliche Badreinigung, denn ich habe mittlerweile die leichte Paranoia, dass die Dinger sich nun im ganzen Haus verteilen.
Am späten Vormittag habe ich ihn nach draußen gebracht. Er war wieder wach und kratzte an der Schachtel, Bewegung muss gewährleistet sein und es ist gut, wenn er dann den Garten weiterhin auskundschaften kann. Sein Geschäft erledigte er zu meiner Freude auch gleich draußen. Bei schlechtem Wetter oder Nässe käme das natürlich bei einem geschwächten Igel nicht in Frage. Er lief zügig und ich sehe das als wirklich gutes Zeichen. Seine Flanken sind nicht mehr so eingedellt. Zeit zu Fressen nahm er sich nicht, aber der Gartenteich wurde besucht und der Durst gelöscht. Er suchte den Horst einer Bartiris und versteckte sich dort. Als er den Kopf neigte, nahm ich ihn auf und brachte ihn in seine Schlafkiste. Er schlief sofort ein. Meine Kinder haben die Schlafecke mit trockenen Laub und Moos ausgepolstert.
Auch hier muss man abwägen, was für den Igel gut ist. Auf feuchtem Laub und Moos befinden sich Schimmelpilze, die kranke Stachelpelze noch zusätzlich schwächen. Auch die Hygienevorkehrungen  sind schwieriger. Mein Gedanke allerdings ist noch ein anderer. Igel haben empfindliche Nasen und werden im Haus erst einmal von menschlichen Gerüchen "erschlagen". Das Moos und das Laub sind vertraut und geben ein wenig Sicherheit in der fremden Welt. Ins Moos krabbeln auch die Flöhe gern und wenn ich die Kiste reinige, nehme ich die Unterlage aus Zeitungen hoch und umschließe das Moos. Einige der Flöhe werden somit auch entfernt.

Huch, der Text ist etwas zu lang geworden. Momentan schläft er immer noch. Ich denke, die warmen Temperaturen und das Futter werden sehr schnell Wirkung zeigen und wenn er später entwurmt und entfloht ist, kann er ohne "Mitesser" ruhig in den Winterschlaf. Hoffentlich kann ich ihn noch rechtzeitig  vor dem ersten Schneefall rauslassen.




5 Kommentare:

  1. Also das Igel-Baby ist wirklich süß, aber die derzeitige Pflege muss ein ziemlicher Aufwand sein - bewundernswert, dass Du es machst.

    lg kathrin

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  2. Ich drücke Euch ganz fest die Daumen dass der Igel sich gut erholt. Wenn er so toll versorgt wird, muss das doch klappen.
    Eine gute Woche wünscht Dir
    Marie

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  3. Der sieht ja wirklich eingefallen aus. Ich hab auch mal gesehen, wie die Flöhe auf so einem Igel gehüpft sind. Unglaublich. Ihr kriegt das bestimmt hin. Find ich gut.

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  4. Hallo ihr Lieben!

    Vielen Dank für eure Teilnahme. Es ist eigentlich nur die Erstversorgung (bis der Igel stabil ist) stressig. Sobald sie ihre Parasiten los sind und nur noch Winterspeck ansammeln müssen, ist der Aufwand ähnlich eines Haustieres.
    Ich bin froh, dass er in den Vorraum konnte, denn so ist er einfach ungestörter als im Haus, hat Platz, sowie einen besseren Tag/Nachtrhythmus und die Geruchsbelästigung hält sich (für uns) in Grenzen.

    ♥ Grüße
    Carola

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  5. Wie süß! Ich fand ja neulich auch einen ca. 300 g schweren Igel. Der war aber putzemunter und stark. Er haute dann auch bald wieder ab. Uns wurde geraten, ihn hier zu lassen. Leider ist eine nachts zu schnell befahrene Landstraße in der Nähe. Aber was soll man machen? Ansonsten hätten Igel hier bei uns das wahre Paradies ;-)

    Wenn Tiere so befallen sind, sind sie auch nicht ganz gesund. Das ist bei Pflanzen, Mensch und Tier ähnlich. Alles Liebe und Gute für den kleinen Kerl.

    Ganz herzlich
    Sara

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