Freitag, 18. Mai 2012

Geburtstag - Nur geliehen...



Nur geliehen

Ich leihe Euch für eine Zeit 
ein Kind von mir, sprach Gott. 
Liebt es solang sein Leben währt, 
betrauert es im Tod.
 
  Es kann sechs, sieben Wochen nur, 
auch dreißig Jahre sein, 
doch wollt ihr es auf Widerruf 
an meiner statt betreu`n?

Es ist so lieb und habt ihr es 
auch nur für kurze Zeit, 
so bleibt Euch die Erinnerung 
als Trost in Euerm Leid.
 
  Versprechen kann ich nicht, 
wie lang und wann das Urteil fällt, 
damit dies Kind euch manches lernt 
da drunten auf der Welt.

So wird auf Abruf dieses Kind 
jetzt in die Welt geführt , 
damit die Lehre, die ich gesandt 
auch eure Seele rührt.

  Ich suchte lange weit und breit
 ein Paar, das mir gefällt, 
und aus der Menge hab ich dann 
euch beide ausgewählt.

Erweist ihm Liebe noch und noch 
umsonst ist keine Müh` 
und hasst mich nicht, 
wenn ich es ruf` zu mir zurück so früh.  
 
  Ich höre Eure Worte schon; 
O Herr, dein Wille gescheh` 
und um der Freude an diesem Kind 
riskieren wir auch das Weh.

Wir liebten es mit Zärtlichkeit 
solang er bei uns war 
und Dankbarkeit für dieses Glück 
erfüllt uns immer dar.

  Du kamst jedoch und riefst es fort 
viel eher als vorgesehen, 
O Herr vergib uns unseren Schmerz 
und hilf uns zu verstehen.

Der unbekannte Autor (Brigitte?) des wunderschönen Gedichtes, hat mir damals - wie auch heute - aus der Seele gesprochen. Vor elf Jahren, als meine Tochter geboren wurde, in den vielen Monaten auf der Intensivstation, sprachen wir Eltern untereinander sehr offen über den Tod - der unser täglicher Begleiter war. Dieses Gedicht gab mir eine betroffene Mama zum Lesen. Ich schrieb es mir aufgrund meiner Vorahnung ab, die sich leider bewahrheitete.

Der Mai ist jahreszeitlich gesehen ein wunderschöner Monat. Er hat für mich einen faden Beigeschmack.

Über meine Gefühle mag ich nicht schreiben. Der ein oder andere wird es verstehen. 
Im Mai geboren, sehr viele geplante OPs, viele Not-OPs und das wochenlange Kämpfen bis sie stabiler war. Ein Jahr voller Turbulenzen, Hoffen und Bangen. Der einzige Geburtstag - auf der Intensivstation - ein wundervoller Tag. Trotz der Krankheiten ein aufgewecktes, fröhliches Kind. Eine OP Ende Mai. Das erste Mal - im Juni - die Aussage: "Ihr Kind ist doch über den Berg, was machen Sie sich Sorgen?" Am nächsten Tag halte ich mein totes Kind im Arm. 

Ich bin nicht mehr so oft am Grab. Dies wird von außen bewertet. Was wissen Außenstehende? Sie beurteilen nach den Besuchen. Können sie sehen wie oft Kleinigkeiten Erinnerungen wach rufen? Wie oft man wach liegt oder tagsüber einfach nur traurig ist? Düfte wecken viele Erinnerungen und halten sie wach.
Es zählte damals nur das Hier und Jetzt. Das Gestern war vorbei und das Morgen zu ungewiss - nur das Heute war wichtig. So intensiv wurde ein Tag erlebt und mit unzähligen Kleinigkeiten als Erinnerung gefüllt, die man heute -in diesen wieder schnell drehenden Lebenskarussell- nicht mehr wahr nimmt.
Das Heute ist zehn Jahre später nur ein Abklatsch, ein Abhaken von Dingen die man erledigen soll und muss. Genießt man kleine Momente und möchte diese in sich aufnehmen ... Es kommt sicherlich jemand und macht diesen Moment kaputt indem er erklärt, dass es Wichtigeres zu erledigen gäbe und ich meine Zeit vertrödele. Nie haben sie erlebt, wie wichtig diese unscheinbaren Momente sein können und sind doch so anmaßend meine Lebenszeit zu bewerten. Über Wochen und Monate hinweg Termine, Feste und Verpflichtungen - und ich wünsche mir einfach nur Stille.

Ich sagte: „Die Antwort heißt - in mir drin, ganz in der Mitte.“ 
Und ein kurzer Schreck überfiel mich, als ich Anna sagen hörte:
„Und auf welche Frage ist das die Antwort, Fynn?“
„Das ist leicht. Die Frage heißt –Wo ist Anna?
Ich hatte sie wiedergefunden. Und ich war sicher, irgendwo saßen Mister Gott und Anna nebeneinander und lachten.


Kennt ihr: "Hallo Mr. Gott, hier spricht Anna"? Das Mädchen lebte und starb wirklich und sie philosophierte viel mit Fynn, einem irischen Mathematiker, der unter diesem Pseudonym 1974 sein Buch veröffentlichte. 




Wenn man zum Leben ja sagt
und das Leben selber
sagt zu einem nein,
so muss man
auch zu diesem Nein
ja sagen.

(Morgenstern)

Mittwoch, 9. Mai 2012

Mag sein




Mag sein.
Du denkst, du kennst mich.
Was siehst du?
Doch nur äußerliche Dinge.
Nach was urteilst du?
Oftmals nach deiner Wahrheit.
Es gibt mehr als eine Wahrheit.
Wahr ist das, was der Einzelne spürt.
Meine Wahrheit muss nicht deine sein.
Für dich sind deine Aussagen nur ein Scherz.
Mich verletzen sie, denn deine Worte wiederholen sich zu oft.
Für dich sind manche meiner Handlungen unverständlich.
Ich vollziehe sie aber bewusst und mit Bedacht.
Du sagst, du warst nur gedankenlos
gedankenlos ist dennoch lieblos.
Wie kalt doch manchmal die Welt ist.

Kräuterfraaala